Wie schon in der ersten Erhebung im Rahmen des Schweizer Freiwilligen-Monitors aus dem Jahr 2006 werden konzeptuell weiterhin drei Formen der Freiwilligkeit unterschieden. Es handelt sich (1) um freiwillige Tätigkeiten, die innerhalb von Vereins- oder Organisationsstrukturen ausgeübt werden (formelle Freiwilligkeit), (2) um freiwillige Arbeiten wie Nachbarschaftshilfe oder das Hüten fremder Kinder, die ausserhalb solcher Organisationstrukturen stattfinden (informelle Freiwilligkeit), sowie (3) um das Spenden von Geld oder Naturalien. Die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich dieser drei Freiwilligenformen können wie folgt zusammengefasst werden:
- FORMELLE FREIWILLIGKEIT
Rund ein Viertel der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren ist im Jahr 2009 innerhalb von Vereins- und Organisationsstrukturen freiwillig engagiert. Knapp die Hälfte der Freiwilligen hat ausserdem ein Ehrenamt inne. Das heisst, diese Personen wurden in ein Amt gewählt, so dass ihr Engagement typischerweise durch einen höheren Verpflichtungsgrad gekennzeichnet ist. Die Übernahme freiwilliger Tätigkeiten in Vereinen und Organisationen wird durch einen hohen sozialen Status grundsätzlich gefördert. Demgegenüber engagieren sich gerade Bevölkerungsgruppen, die im Prinzip über zeitliche Ressourcen verfügen, um sich in Vereinen und Organisationen freiwillig zu betätigen (wie etwa Rentnerinnen und Rentner, Arbeitslose oder Teilzeiterwerbstätige), nicht so stark wie erwartet.
- INFORMELLE FREIWILLIGKEIT
Knapp 30 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren sind im Jahr 2009 informell, also ausserhalb von Vereinen und Organisationen, freiwillig tätig. Wie vor drei Jahren umfasst diese Art des freiwilligen Engagements überwiegend persönliche Hilfeleistungen für Freunde und Bekannte. Dieses stark prosoziale Element dürfte begründen, warum Frauen im informellen Bereich der Freiwilligkeit tendenziell übervertreten sind. Damit zeigt sich ein im Vergleich zur formellen Freiwilligkeit umgekehrtes Geschlechterverhältnis. Trotzdem darf auch bei der informellen Freiwilligkeit die Bedeutung des sozialen Status und der gesellschaftlichen Einbindung nicht unterschätzt werden.
- SPENDEN
Rund drei von vier Personen der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren geben an, Geld oder Naturalien zu spenden. Wichtigste Voraussetzung ist eine finanziell gesicherte Situation, die es erlaubt, zumindest einen kleinen Betrag des Einkommens ohne Gegenleistung abzugeben. Während das freiwillige Engagement in oder ausserhalb von Organisationen und Vereinen im hohen Alter oft aufgegeben wird, stellt die Spendentätigkeit eine Form der Freiwilligkeit dar, die gerade Rentnerinnen und Rentner auf hohem Niveau beibehalten. Schliesslich liegt einer Spendentätigkeit die Überzeugung von der Wichtigkeit der finanziellen Unterstützung bestimmter Bereiche zu Grunde.
MOTIVE FORMELLER UND INFORMELLER FREIWILLIGKEIT
Das freiwillige Engagement der Schweizerinnen und Schweizer geht über ein rein altruistisches Verhalten hinaus. Dies spiegelt sich in den wichtigsten Motiven der Ausübung freiwilliger Arbeiten wider. Während uneigennützige und wohltätige Aspekte zwar eine zentrale Rolle für die Übernahme von freiwilligen und ehrenamtlichen Aufgaben spielen, sind stärker selbstbezogene Argumente wie das Zusammensein mit Freunden oder der Spass an der Tätigkeit für viele der Hauptgrund ihres freiwilligen Engagements.
STABILITÄT UND WANDEL
Insgesamt verharrt das Ausmass des freiwilligen Engagements in der Schweiz im Vergleich mit der ersten Erhebung aus dem Jahre 2006 auf dem gleichen Niveau. Ausserdem kann von einer ausgeprägten Kontinuität der Vielfalt gesprochen werden. Sowohl Individuen als auch Regionen unterscheiden sich deutlich in Bezug auf die Häufigkeit freiwilliger Aktivitäten, die Betätigungsfelder des Engagements, aber auch hinsichtlich der Art und Weise, wie verschiedene Formen freiwilligen Engagements kombiniert werden. Die auffälligste Veränderung in der Freiwilligkeit betrifft den markanten Rückgang der informell ausgerichteten Arbeiten. Während vor drei Jahren gut 37 Prozent der Schweizer Wohnbevölkerung über 15 Jahren ein freiwilliges Engagement ausserhalb von Vereinen und Organisationen ausübten, sind es im Jahr 2009 noch 29 Prozent.
SPRACHREGIONALE UNTERSCHIEDE DER FREIWILLIGKEIT
Während Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer besonders oft freiwillige Tätigkeiten übernehmen, ist die Freiwilligkeit in der Romandie und im Tessin deutlich weniger ausgeprägt. Die sprachregionalen Disparitäten im freiwilligen Engagement lassen sich auf unterschiedliche Mechanismen kultureller Sozialisation einerseits und örtlicher Gebundenheit und Erfahrung andererseits zurückführen. Die Analysen zeigen, dass je nach Art des freiwilligen Engagements eine Kombination dieser beiden Mechanismen von Bedeutung ist.
DAS FREIWILLIGE ENGAGEMENT VON AUSLÄNDERINNEN UND AUSLÄNDERN
Ausländerinnen und Ausländer sind im Vergleich zu den Schweizerinnen und Schweizern deutlich weniger freiwillig tätig. Das höchste Engagement zeigen die fremden Nationalitäten dabei im Bereich der informell freiwilligen Arbeit. Immerhin ein Viertel der in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer widmet sich dieser Form der freiwilligen Arbeit. Freiwilliges Engagement in Vereinen und Organisationen leisten hingegen lediglich 13 Prozent der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.
SCHWEIZER VEREINE UND ORGANISATIONEN UND IHRE FREIWILLIGEN
Verschiedene Vereinstypen gehen mit unterschiedlichen sozialintegrativen Potentialen und unterschiedlichen Rollen für den sozialen Zusammenhalt in der Schweiz einher. Insbesondere in Sportklubs, Hobby-, Freizeit- und Kulturvereinen sowie in kirchlichen Organisationen ist das freiwillige Engagement am weitesten in der Bevölkerung verbreitet. Der Verbreitungsgrad der Vereinstypen steht dabei in direktem Zusammenhang mit der sozialen Zusammensetzung der Freiwilligen. Kulturvereine und kirchliche Organisationen, aber auch die Freizeit- und Sportvereine sind insgesamt am heterogensten zusammengesetzt und tragen deshalb am ehesten dazu bei, dass Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammentreffen. Umgekehrt sind politische Ämter und Parteien eher homogen hinsichtlich ihrer Freiwilligenstruktur.