Schwelleneffekte und negative Erwerbsanreize. Eine Analyse der kantonalen Steuer- und Transfersysteme

Ref. 11093

Description générale

Période concernée

2010 bis 2011

Région géographique

-

Informations géographiques additionnelles

Schweiz

Résumé

Der vorliegende Bericht gibt einen detaillierten Überblick zum aktuellen Stand der Problematik der Schwelleneffekte und negativen Erwerbsanreize in den kantonalen Bedarfsleistungssystemen und formuliert Handlungsgrundsätze, um dieser Herausforderung begegnen zu können. Grundlage für diese Analyse sind die in den letzten Jahren durchgeführten kantonalen Reformen, welche einen vertieften Einblick in den Umgang mit der Problematik ermöglichen. Den Anstoss für den vorliegenden Bericht bildete das Postulat "Soziale Sicherheit. Schwelleneffekte und ihre Auswirkungen", eingereicht von Ständerat Claude Hêche (Po. 09.3161). Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) wurde vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) mit der Erarbeitung der Grundlagen für die Beantwortung dieses Postulats beauftragt. Ausgangslage und Vergleichsbasis für die Prüfung der aktuellen Sachlage sind die beiden von der SKOS 2007 publizierten Studien "Steuern, Transfers und Einkommen in der Schweiz" (Knupfer/Bieri) und "Sozialhilfe, Steuern und Einkommen in der Schweiz" (Knupfer et al.). In diesen Studien wurden erstmals gesamtschweizerisch die frei verfügbaren Einkommen von armutsgefährdeten Haushalten untersucht. Mit dem vorliegenden Bericht werden die aus diesen Studien generierten Erkenntnisse aktualisiert und vertieft. Folgende Fragestellungen standen im Zentrum der Untersuchung: Welche Anstrengungen wurden in den letzten fünf Jahren in den Kantonen geplant oder umgesetzt, um Schwelleneffekte abzubauen? Welche Bedarfsleistungen waren von diesen Bestrebungen betroffen? Welche Erfahrungen haben diejenigen Kantone gemacht, die Schwelleneffekte abgebaut haben? Welche Handlungsgrundsätze und Good Practices können aus der Analyse der Schwelleneffektproblematik in den Kantonen abgeleitet werden? Grundsätzlich wurde der gleiche methodische Ansatz verwendet wie in den genannten SKOS-Studien. Auf der Basis des frei verfügbaren Einkommens verschiedener idealtypischer Haushalte wurden systembedingte Ungerechtigkeiten innerhalb der kantonalen Transfer- und Steuersysteme eruiert. Es wurde sowohl ein Querschnittsvergleich der kantonalen Systeme angestrebt, um die aktuelle Situation im Referenzjahr 2011 darzustellen, als auch ein Längsschnittvergleich, mit dem Ziel die zwischen 2006 und 2011 realisierten Reformen zu untersuchen. Um die Reformen der letzten fünf Jahre sowie deren Auswirkungen hinsichtlich der Schwelleneffektproblematik erfassen zu können, wurden eine Dokumentenanalyse, eine schriftliche Befragung bei allen Kantonen sowie vertiefende Experteninterviews in den Kantonen Basel-Stadt, Genf und Waadt durchgeführt. Zur Erarbeitung der Good Practices wurde auf die Erkenntnisse aus der Analyse der kantonalen Reformen abgestellt. Ausserdem wurden Workshops mit Expertinnen und Experten aus den Kantonen durchgeführt, die sich kürzlich mit derartigen Reformen auseinandergesetzt hatten.

Résultats

Wie die Resultate der vorliegenden Studie gezeigt haben, verbleiben erhebliche Schwelleneffekte und negative Erwerbsanreize in den kantonalen Bedarfsleistungssystemen. Es ist aus diesem Grund unabdingbar, die Schwelleneffektproblematik weiterhin auf der politischen Agenda zu belassen. Aber auch in Kantonen, die Schwelleneffekte eliminieren konnten, gilt es in Zukunft bei sozialpolitischen Reformen auf systembedingte Ungerechtigkeiten zu achten, um neue Schwelleneffekte oder negative Erwerbsanreize zu vermeiden. Es ist insofern eine neue Polarität festzustellen, als sich die Unterschiede zwischen den Kantonen, welche ihre Systeme reformiert haben und jenen, deren Situation seit 2006 unverändert blieb, vergrössert haben. § Aus der Sicht der sozialen Gerechtigkeit ist eine zusätzliche Harmonisierung sowohl innerhalb als auch zwischen den Kantonen erstrebenswert, sollen in der Schweiz armutsgefährdete Haushalte in ähnlichen finanziellen Lagen gleichbehandelt werden. Innerhalb der Kantone ist dies mit einem koordinierten und schwelleneffektfreien Transfer- und Abgabesystem zu erreichen. Eine Harmonisierung der Systeme zwischen den Kantonen würde die Ungleichbehandlung der armutsgefährdeten Haushalte in den verschiedenen Kantonen reduzieren.