Rolle der privat praktizierenden ÄrztInnen in der HIV/Aids-Epidemie

Ref. 8298

General description

Period

1990 - 2002

Geographical Area

Additional Geographical Information​

Schweiz

Abstract

Die Beratung und Erteilung von persönlichen Ratschlägen der allgemeinen Bevölkerung in der Arztpraxis ist eine der wichtigen Säulen der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) verfolgten Strategie zur Bekämpfung von HIV/Aids. Ziel der hier dokumentierten Evaluation ist es, die Rolle der privat praktizierenden Ärzte in der HIV/Aids-Epidemie zu untersuchen, welche sich vor allem in der Art der Beziehung Arzt-Patient und in der Häufigkeit der Konsultationen widerspiegelt. Das Hauptinteresse gilt der Entwicklung ihrer Beteiligung an der Prävention zwischen 1990 und 2002. Eine erste Studie über die HIV/Aids-Prävention in der Arztpraxis wird 1990 durchgeführt. Es wird untersucht, welchen Stellenwert die Ärzte dieser Dimension ihrer Arbeit beimessen und wem und auf welche Art sie ihre Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit der Aids-Prävention widmen, respektive inwieweit ihre Strategie den Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit entsprechen. 1995 wird eine zweite Evaluation im Umfeld der am stärksten von der Aids-Prävention betroffenen Ärzte durchgeführt. Ziel ist es, die Beratungstätigkeit zur Prävention zu beschreiben: deren Systematisierung (konzentriert auf gewisse Gruppen oder ausgeweitet auf alle PatientInnen), deren Vertiefung (Zeit, die eine Beratung in Anspruch nimmt) sowie deren Frequenz (weiterfolgende Beratung in den einzelnen Fällen). Weiter wird das Verhalten mit den Ergebnissen von 1990 verglichen um schliesslich die Faktoren zu bestimmen, welche die persönliche Art und den Stellenwert der Aids-Prävention und der Beratung lenken. 2002 wird eine erneute Befragung zur Präventionstätigkeit durchgeführt. Diese dient insbesondere der Einschätzung der gegenwärtigen Rolle der Ärzte in der Epidemie; der Beschreibung ihrer Präventionstätigkeiten und der Vergleich mit denjenigen, welche 1990 und 1995 ermittelt wurden; der Beschreibung ihrer Rolle in der Betreuung von HIV-positiven Patienten; der Schätzung des Anteils von Menschen mit HIV, welche von frei praktizierenden Ärzten betreut werden und schliesslich einer Gegenüberstellung der Daten über die Praktiken der Ärzte mit denjenigen, welche mittels einer bei der Allgemeinbevölkerung durchgeführten periodischen Telefonbefragung zur Evaluation der Aids-Prävention in der Schweiz (Ident Re 613) gewonnen wurden. Die gesamte Studie soll helfen, folgende Evaluationsfragen zu beantworten: Ist die Rolle der Ärzte identisch mit derjenigen, welche das nationale Programm ihnen in der Prävention durch die individuelle Beratung zuordnet? Handelt es sich in der Intensität und Qualität um ein nachhaltiges Engagement? Welche Stellung haben die Hausärzte und Spezialisten in der Betreuung von Menschen mit HIV/Aids und entspricht ihre Betreuung den Bedürfnissen?

Results

1990 streicht eine erste Studie über die HIV/Aids-Prävention in der Arztpraxis das Interesse der Schweizer Ärzte für die Prävention sowie ihr tatsächliches Engagement in diesem Tätigkeitsbereich heraus. Die Ärzte weichen jedoch deutlich von den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden ab. Sie konzentrieren ihre Aufmerksamkeit auf gewisse Patientengruppen, welche im herkömmlichen Sinn mit der Infektion verbunden werden, und gehen bei Patienten aus der Allgemeinbevölkerung weniger konsequent vor. 1995 haben die Ärzte ihre Präventionstätigkeiten merklich verstärkt. Ihre Aufmerksamkeit gegenüber Gruppen, die herkömmlicherweise als 'risikoreich' bezeichnet werden, hat nicht nachgelassen. Bei Patienten aus der 'Allgemeinbevölkerung' bleibt die Anamnese jedoch lückenhaft, insbesondere im Bereich der Sexualität. Die Beratung rund um den HIV-Test ist bei Ärzten zudem lückenhaft. Zur Präventionstätigkeit wird 2002 eine erneute Befragung durchgeführt. Im Vergleich zur Untersuchung von 1995 hat die routinemässige Beratung im Zusammenhang mit dem HIV-Risiko für bestimmte Patientengruppen stark zugenommen: zu diesen Gruppen gehören Patienten, welche Verhütungsmittel verlangen, junge Leute sowie neue Patienten. Migranten werden etwas mehr, Homosexuelle etwas weniger häufig beraten als 1995. Praktisch unverändert zeigt sich die Art, wie und wie häufig im Vorfeld eines Aids-Test beraten wird: in 2002 informieren 9 von 10 ÄrztInnen ihre PatientInnen routinemässig über die "HIV test window period" und über die Arten, wie man sich vor der Übertragung schützen kann, 8 von 10 befragen ihre PatientInnen zu ihrem HIV-Risiko, 3 von 4 interessieren sich für den Wissensstand ihrer PatientInnen.